Julian Jana, Projektkoordinat des Programms YourJob mit Mati Zaguni, einem der Jungunternehmer aus Albanien
Julian Jana, Projektkoordinator des von Renovabis geförderten Programms „YourJob", mit Mati Zaguni. Der Jungunternehmer konnte sich dank der Unterstützung in Albanien eine Existenz aufbauen.
Quelle: Achim Pohl
14.03.2023 – Albanien

Jobvermittlung und Start-up-Hilfe: Das Förderprogramm „YourJob"

Drei junge Frauen und Männer, die sich entschieden haben, in Albanien zu bleiben und sich dort eine Existenz aufzubauen: Möglich wurde das mit Hilfe des von Renovabis unterstützten Programms „YourJob".

Das Projekt „YourJob"

In den Ländern des Westbalkans ist die Jugendarbeitslosigkeit besorgniserregend hoch, die Qualität der schulischen Ausbildung ist niedrig, die Lehrpläne sind häufig nicht zielführend. Viele junge Menschen sehen angesichts der geringen Zukunftsperspektiven im eigenen Land keine andere Möglichkeit als die Auswanderung. Vor allem in ländlichen Gegenden sind die Perspektiven für ein Leben ohne Armut schlecht. Deshalb unterstützt Renovabis das Projekt „YourJob", das junge Erwachsene in Albanien, Bosnien und Herzegowina, im Kosovo und in Serbien fit machen will für ein erfolgreiches Berufsleben im eigenen Land. Peter Beyer (Texte) und Achim Pohl (Fotos) haben mit einigen Teilnehmenden des Projekts in Albanien gesprochen.

Gjovalin Delia: „Dort haben sie alles. Aber sie haben kein Leben“

Ein Schwall von Funken stiebt zur Decke hinauf. Mit flinker Hand streicht Gjovalin Delia den Haufen glühender Kohlen auf seinem Werktisch glatt, um dann mit einer Kurbel das Feuer um sein Werkstück zu belüften. „Schon als kleiner Junge faszinierte es mich zuzuschauen, wie Vater das harte Metall mittels Flammen butterweich machte und verarbeitete“, erzählt der 29-Jährige, während er wuchtige Schläge mit dem Hammer ausführt. Musste sein Vater noch in der beengten Garage arbeiten, konnte Gjovalin diese mit Mitteln aus dem von Renovabis unterstützten Programm „YourJob“ in einen gut ausgestatteten Werkraum verwandeln. Darin kann der Metallkünstler nun auch größere Aufträge ausführen.

An der Seite seines Bruders verbrachte er anderthalb Jahre als Gelegenheitsarbeiter in Luxemburg. Anders als dieser kehrte er jedoch nach Albanien zurück und setzt in vierter Generation die Handwerkstradition seiner Familie fort. Bereut er die Entscheidung für ein weit bescheideneres Leben in der Heimat? Gjovalin stemmt seine tätowierten Arme in die Hüften und denkt nach. Hier habe er mehr Freiheit, sagt er schließlich. „Man kann auch dann, wenn man etwas vermisst, ein gutes Leben führen. Ich lebe von meiner Arbeit, bin hier kein Knecht, habe ein Haus – ich bin glücklich!“ Altersgenossen, die sich mit Abwanderungsgedanken tragen, rät er: „Hier kannst du genauso gut leben wie dort. Dort haben sie alles, aber sie haben kein Leben, keine Zeit, es zu genießen.“

Marjana Leka: Vom Beruf zur Berufung

„Nach dem Schulabschluss war ich frustriert“, gesteht Marjana Leka und faltet die Hände auf dem Schoß. Ein ganzes Jahr lang absolvierte die junge Frau mit den großen, braunen Augen an einer staatlichen Schule ein Praktikum ohne Bezahlung. Wie viele andere hoffte sie vergeblich, es werde sich daraus eine Anstellung ergeben. Bevor sie mangels Alternative ihr Glück im Ausland suchte, vermittelte ihr das von Renovabis geförderte Programm „YourJob“ eine bezahlte Stelle im Kindergarten der Ordensgemeinschaft der Schwestern vom Guten Hirten im Armenviertel Fermentim in der nordalbanischen Stadt Shkodra. Vormittags betreut sie jetzt 35 kleine Kinder, nachmittags hilft sie älteren, aus schwierigen Verhältnissen stammenden Mädchen und Jungen bei den Hausaufgaben. Rasch wurde für Marjana aus dem Beruf eine Berufung. Mit leuchtenden Augen erzählt sie, dass sie gerade darüber nachdenkt, wie sie die Räume schöner gestalten kann - und auch ein „Doktorhut“ für die Kleinen, die bald vom Kindergarten in die Schule wechseln, geht auf eine Idee von Marjana zurück.

Marjana selbst lebte lange Zeit unter dem Dach der Eltern – damals waren sie zu zwölft. Heute bewohnt sie mit ihrem Mann, der als Lehrer tätig ist, sowie den beiden Kindern ein eigenes Haus. Ihr Gehalt von umgerechnet 240 Euro steuert sie zum Lebensunterhalt bei. Den sechsjährigen Sohn möchte Marjana demnächst auf eine kostenpflichtige private Schule schicken, weil das Niveau dort höher ist und die Schulzeiten länger sind.

Aleksandra Gioni: Kita-Gründerin mit Ambitionen

Nach ihrem Studium der Wirtschafts- und Finanzwissenschaft war Aleksandra Gioni mangels Alternative in einem Call Center tätig. Dort fühlte sie sich unterfordert, sie suchte nach einer neuen Aufgabe. Im Februar 2020 hatte die 30-Jährige dann eine Idee: Sie wollte eine Kindertagesstätte gründen. Denn die spärlichen Unterrichtszeiten der staatlichen Schulen und der fehlende öffentli-che Nahverkehr stellen berufstätige Mütter in Aleksandras Heimatstadt Shkodra vor kaum lösbare Probleme. Doch für die Anmietung und Ausstattung von Räumlichkeiten in zentraler Lage fehlten ihr die Mittel. In den Sozialen Medien wurde sie auf das von Renovabis unterstützte Förderpro-gramm „YourJob“ aufmerksam. Ihr Business Plan und ein engagierter Auftritt überzeugten Pro-grammkoordinator Julian Jana – er gab grünes Licht für ihr Start-up-Unternehmen. Um nicht alles auf eine Karte zu setzen, kündigte Aleksandra ihren Job nicht sofort, sondern reduzierte ihre Stun-den. Tatsächlich war der Einstieg zäh, denn er fiel in die Hochphase der Corona-Pandemie. Doch über Instagram, einen Flyer, ein Präsentations-Video für Eltern und Mund-zu-Mund-Propaganda konnte sie immer mehr berufstätige Mütter für die Anmeldung ihrer Kinder gewinnen. „Meine ersten Kundinnen waren Kolleginnen im Call Center“, erinnert sich Aleksandra an die Gründung von „Shkodër ASK“ (After School Service). Inzwischen hat sie ihr Angebot erweitert, bietet Hausaufga-benbetreuung und gezielte Nachhilfe für Kinder an. Für die Zukunft hat sie große Pläne: Sie möch-ten einen weiteren Raum anmieten, Essen für die Kleinen anbieten und einen Shuttle-Dienst organisieren.

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Inhalt erstellt: 14.03.2023, zuletzt geändert: 03.05.2023

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